Montagabend wurden im magdas HOTEL in Wien Medienschaffende zum 15. Mal mit dem Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis ausgezeichnet. Der Preis, der im Sinne des Lebenswerkes von Prälat Leopold Ungar von der Caritas der Erzdiözese Wien und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien vergeben wird, ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte JournalistInnenpreis Österreichs. Durch den Abend führte ORF-Moderator Stefan Lenglinger.
In der Kategorie Print wurden dieses Jahr Philip Pramer, Gabriele Scherndl und Elisa Tomaselli für den Beitrag „Elena und ihre stille Armee“, erschienen im Standard, ausgezeichnet. Preisträgerinnen in der Kategorie TV sind Lisa Gadenstätter und Elisabeth Gollackner für „Schluss mit Schuld - Was der Holocaust mit mir zu tun hat" (ORF DOKeins). In der Kategorie Hörfunk überzeugte Alois Schörghuber mit „Daheim oder im Heim? Problemfall Pflege“, gesendet im Format „Moment am Sonntag“ auf „Ö1“. In der Kategorie Online wird der Hauptpreis heuer an Rainer Fleckl, Maria Kern, Christoph Hanslik, Johannes Kaiser und Christine Grabner von Addendum für das Projekt „Wie weit reicht der Arm des Glücksspiels“ vergeben.
In seinen Eröffnungsworten ging Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, auf die für den Journalismus fordernen Zeiten ein – in wirtschaftlicher, aber auch in politischer Hinsicht. Schwertner appellierte an die anwesenden VertreterInnen der Medien, aufklärerisch im besten Sinn zu wirken. „Das Prinzip der Aufklärung ist unter Druck geraten. Anstelle der Meinungsvielfalt ist vielfach der Meinungskampf getreten. JournalistInnen sind es, die in einer solchen Situation den Horizont weit und den gesellschaftlichen Diskurs offen halten müssen. Liberale Gesellschaften sind auf kritischen, auf einfühlsamen und ausgewogenen Journalismus angewiesen. Dazu gehört auch, den Schwächsten eine Stimme zu geben und all jenen mutig entgegenzutreten, denen eine schwache und liebdienerische Presse lieber wäre. Es geht um Aufklärung jenseits von Message Control und um eine Aufklärung, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt.“
Michael Rab, Vorstandsdirektor der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich/Wien betonte: „Raiffeisen NÖ-Wien unterstützt den Prälat-Leopold-Ungar-Preis von Anbeginn an, weil wir überzeugt davon sind, dass unser Land mehr denn je engagierte, gut recherchierende und verantwortungsvolle Journalistinnen und Journalisten mit Rückgrat und persönlichem Einsatz braucht. Solche, die sich auch für Menschen und Themen einsetzen, die von der Gesellschaft möglicherweise als unangenehm und irritierend angesehen werden. Mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Preis wollen wir Journalistinnen und Journalisten ermuntern, weiterhin – unabhängig vom jeweils herrschenden Zeitgeist – Professionalität mit Empathie und Ehrlichkeit zu verbinden.“
Die PreisträgerInnen und die Jury-Begründungen im Überblick
TV: Lisa Gadenstätter und Elisabeth Gollackner für „Schluss mit Schuld - Was der Holocaust mit mir zu tun hat" (ORF DOKeins): „Eindrucksvoll beleuchtet dieser Beitrag eine der entscheidenden Fragen unseres Lebens: Wie gehe ich mit der Vergangenheit um und was hat diese mit mir zu tun. Die Autorinnen haben einen sehr persönlichen Zugang gewählt und gerade damit starke Wirkung erzielt. Im Gespräch mit drei Holocaust-Überlebenden aber auch mit Kindern einer Schulklasse wird die Geschichte erfassbar gemacht und nahe gebracht. Und die Autorinnen stellen einen wichtigen Bezug zur Gegenwart her. Gerade in diesem „Gedenkjahr“ 2018 ist die Feststellung, dass es nicht um Schuld sondern um Verantwortung geht, besonders wichtig. Darüber hinaus ist die hervorragende filmische Umsetzung zu erwähnen.“ (Kamera: Martin Gerhartl, Kamera-Assistenz und Ton: Flora Drapal, Schnitt: Lisa-Marie Gotsche)
Print: „In der Kategorie Print wurde der Text ‚Elena und ihre stille Armee‘ von Philip Pramer, Gabriele Scherndl und Elisa Tomaselli mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Die journalistische Arbeit ist im Rahmen eines FH-Studienprojektes (www.oida.online) entstanden und im Album der Tageszeitung Der Standard erschienen. In nüchterner Sprache zeichnen die RedakteurInnen auf sehr eindrückliche und aufwendige Art und Weise das Schicksal und das Engagement einer rumänischen Personenbetreuerin ihrer Recherche nach. Der Text legt damit den Blick frei auf ein noch immer bedrückendes Armutsgefälle innerhalb Europas und auf prekäre Arbeitsbedingungen einer Branche, die in Österreich alte Menschen zu Hause in den eigenen vier Wänden betreut und die dennoch auf keinerlei wirksame Interessensvertretung bauen darf. 60.000 PersonenbetreuerInnen – die überwiegende Mehrheit von ihnen stammt aus osteuropäischen Ländern – betreuen in Österreich alte und pflegebedürftige Menschen. Ihre Geschichte und ihr Kampf um arbeitsrechtliche Standards und Sicherheit stehen im Mittelpunkt dieser Arbeit.“
Radio: „Der diesjährige Hauptpreis in der Kategorie Radio wurde von der Jury Alois Schörghuber zuerkannt. Sein dokumentarisches Feature ‚Daheim oder ins Heim‘ wurde für die Ö1-Sendereihe Moment am Sonntag produziert und behandelt die Pflegesituationen 24-Stunden-Betreuung daheim, mobile Pflege, Pflegeheim für behinderte Menschen und Pflege im Seniorenheim. Schörghuber informiert umfassend, lässt Betroffene – also Gepflegte und Pflegende -, sowie Vertreterinnen und Vertreter von Betreiberorganisationen und unabhängige Expertinnen und Experten zu Wort kommen. Angesichts von geschätzt einer Million Pflegebedürftiger im Jahr 2050 in Österreich ist Pflege ein brennendes gesellschaftspolitisches Thema, das von Alois Schörghuber trotz aller innewohnender Emotionalität sachlich, informativ und kompetent dargestellt wird.“
Online: „Das sogenannte ‚Projekt‘ Glücksspiel – erarbeitet von Rainer Fleckl, Maria Kern, Christoph Hanslik, Johannes Kaiser und Christine Grabner für Addendum – ist ein multimediales Dossier, das das Thema von allen Seiten intensiv ausleuchtet, bis in den letzten Winkel und in wirtschaftliche Labyrinthe. Fast jedes Jahr ist unter den Einreichungen eine gute Reportage über das kleine Glücksspiel, das Addendum-Paket geht darüber aber weit hinaus: eine emotionale TV-Reportage über Spielsucht; grundsätzliche Erklärstücke zum Thema; ein Aufzeigen neuer Gefahrenfelder wie Sportwetten und Online-Glücksspiel, Aufdecker-Geschichten über Novomatic, was sich wenige Medien in Österreich trauen, aber auch die Casinos Austria, die von den meisten Medien schlicht vergessen werden. Das Thema ist beispielhaft gründlich recherchiert und multimedial exzellent aufbereitet.“
Anerkennungspreise wurden heuer in allen vier Kategorien verliehen. In der Kategorie Print wurden die Arbeiten von Christoph Zotter („profil“), Melisa Erkurt („biber“) und Saskia Sautner-Schwaiger („Falter“) mit einem Anerkennungspreis gewürdigt. In der Kategorie TV wurden Max Nicholls, Marion Priglinger und Robert Neumüller (alle ORF) ausgezeichnet. Die Anerkennungen im Bereich Hörfunk gingen an Kerstin Tretina und Bea Sommersguter (beide Ö1). Julia Schilly und Sebastian Pumberger (derstandard.at) wurden in der Kategorie Online ebenfalls mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet.